Am Rand des Großen Waldes steht eine kleines Häuschen. Die Scheiben sind dreckig, der Vorgarten ist verwildert und doch ist es bewohnt. Vor vielen vielen Jahren zog eine junge obdachlose Punkerin durch das Land auf der Suche nach einem Zuhause.
Nach einer langen langen Suche, die sie schon fast aufgegeben hatte, fand sie das Häuschen und besetzte es. Nachdem sie es sich im Inneren gemütlich gemacht hatte, hängte sie draußen ein altes Bettlaken an die Fassade auf dem „Ab jetzt, besetzt!“ stand. Denn wie man weiß, besetzen Punker nun mal Häuser.
Da es im Großen Wald vor lauter Gespenstern, Monstern, Verrückten und Wagenburg-Hippies nur so wimmelte, hatten die Postboten seit jeher Angst, den Großen Wald zu betreten. Als sie nun entdeckten, dass das Häuschen bewohnt war, adressierten sie es als „Am Großen Wald 1“. Von nun an fuhren sie immer nachts mit dem Postauto vor und warfen schnell den Postsack mit Briefen, Rechnungen und Werbung über den Gartenzaun und fuhren eilig wieder weg.
Die Punkerin wunderte sich jeden Morgen, warum jemand eine Sack mit Briefen und Werbung in ihr Gemüsebeet geworfen hatte. Sie fing die Briefe und Postkarten zu sortieren an. Rechnungen und Mahnung fand sie besonders toll, damit konnte sie immer gut ihren Ofen anfeuern. Die Werbung brachte sie einmal im Monat zum Recyclinghof und die privaten Briefe und Postkarten stellte sie den Bewohnern des Großen Waldes zu. Dadurch wurde sie irgendwann zum Postpunk oder Posti wie sie gerufen wurde.
Passend zu ihrer Beschäftigung schenkten ihr die Kinder des Wagenplatzes eine alte Postmütze und ein selbst gebasteltes Posthorn, das aus zusammengeklebten Kupferrohren bestand. Für die langen Wege im Großen Wald schenkte ihr der Mechaniker vom Wagenplatz ein kleines Motorrad, eine gelbe Simson, mit ihrem Posthorn, der Schrompete, als Logo auf dem Tank. So brauste Posti nun jeden zweiten Tag durch den Wald und bald fingen die Leute auch innerhalb des Großen Waldes an, sich gegenseitig Postkarten zu schicken.
Eines Tages kurz vor Weihnachten kam Posti auf ihrer Route zum Wagenplatz. Vor einem der Bauwägen auf der Treppe saß ein kleiner Junge und sah fürchterlich traurig aus. Beim Näherkommen erkannte sie das es Julian war.
Posti lies die Post Post sein und fragte Julian: „Was ist los? Warum bist du so traurig, bald ist Winterruhe, da kannst du dich doch freuen.“
Julian hörte auf zu Schluchzen und guckte Posti an: „Aber meine Mama ist im Krankenhaus und Papa weiß nicht, ob sie zur Winterruhe wieder da ist.“
„Pass auf ich habe eine Idee. Du schreibst dem Weihnachtsmann einen Brief, in dem du ihn darum bittest, dasd deine Mama zur Winterruhe wieder gesund zu Hause ist und ich werde ihn zum Weihnachtsmann bringen.“
„Aber ist es nicht viel zu spät, um jetzt noch einen Brief an den Weihnachtsmann zu schicken?“
„Es ist nie zu spät an den Weihnachtsmann zu schreiben. Wenn du den Brief heute schreibst, verspreche ich dir, dass ich ihn morgen abhole und persönlich als Einschreiben zustellen werde.“
Der Junge lächelte und verschwand in seinem Bauwagen. Posti setzte sich auf ihre Simson und fuhr fort, die Post zu verteilen.
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