Ostern, ein Höllenritt


Auf der Hinfahrt war das Wetter noch trocken und sonnig.

Über Ostern habe ich Freunde in Hannover und Bonn besucht. Am Karfreitag ging es los in Richtung Hannover, meinem ersten Zwischenstopp.

Um 12:00 startete ich fröhlich in Richtung berliner Stadtautobahn um zügig die Irrenanstalt Berliner Straßenverkehr zu verlassen.

Am Funkturm wechselte ich auf die Avus(A115) und erkannte meinen ersten Fehler. Ich reiste am Karfreitag und mir unzählige andere kluge Menschen. Das Tempo-60-Schild am Rand betrachtete ich angesichts des Staus vor mir als frommen Wunsch. Unterwegs auf der Autobahn mit Tempo 30 tuckerte ich entspannt bis zum Autobahn Dreieck. Dort löste sich zum Glück der Stau auf und der Verkehr wurde lichter. Ab nun hieß es freie Bahn mit Marzipan. Sofern die Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben waren probiert ich mich darin was die ideale Reisegeschwindigkeit war. Mit 100km/h ist man für den rechten Fahrstreifen zu schnell für die LKW’s aber zu langsam für den restlichen Verkehr. Mit 160 Km/h ist man zwar flott unterwegs aber der Fahrtwind drüpckt dermaßen das man sich am Lenker festhalten muss um nicht vom Mopped geweht zu werden, ausserdem verkürzt sich die Reaktionszeit enrom. Also flog ich mit durchschnittlich 140 km/h über die A2 in Richtung Hannover. Gegen 16:00 erreichte ich die Stadtrgrenze von Hannover.

Die Navigation auf der Autobahn ist relativ idiotensicher aufgeführt, immer wieder steht auf großen blauen Tafeln wann du wo abbiegen musst um das angekündigte Ziel zu erreichen. In der Stadt sieht schon etwas kniffeliger aus. Wenn man sich dort nicht auskennt landet man irgendwo, aber höchstwahrscheinlich nicht dort wo man eigentlich hin wollte.

Aus meiner Tour an Pfingsten und meinen Problemen in Bremen, wo ich alle 5 Minuten rechts ran gefahren bin, um die Handschuhe auszuziehen, die Karte raus zu kramen und erst mal herauszufinden wo ich überhaupt bin. Dann den Weg planen, alles wieder verstauen und wieder losfahren. Darauf hatte ist partout keinen Nerv. Deswegen hatte ich mir extra dafür eine Tasche für mein Handy besorgt um es witterungsgeschützt an meinem Lenker als Navi nutzen zu können.

In Hannover angekommen hielt ich an um mein Handy am Lenker zu montieren. Da fiel mir auf das ich alles vor Ort hatte, eine Stromquelle, ein Verbindungskabel, mein Handy und die Tasche. Aber der Fehlerteufel steckte wie so oft im Detail. In meinem Fall war es der Arrettierungsring mit dem ich die Tasche an der Montage am Lenker befestige, der lag noch zu Hause auf dem Wohnzimmertisch, da lag er gut.

Also bestimmte ich meine Position, suchte mir den Weg zum Ziel heraus und versuchte ihn mir so gut wie möglich zu merken. Geplant, getan, kurz darauf erreichte ich mein Ziel.

Es gab einen warmen Empfang und ein leckeres Abendessen. Im Anschluss daran bekämpften wir gemeinsam ein Flasche Whiskey. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück und der Verabschiedung schwang ich mich wieder auf meine Maschine und reiste weiter in Richtung Bonn. Heute ging es etwas entspannter mit 130 Km/h im Schnitt an. Am Kamener Kreuz wechselte ich von der A2 auf die A1 und von da an ging es weiter in Richtung Köln, später dann Richtung Flughafen Köln/Bonn. Irgendwann war dann auch Bonn an sich ausgeschildert. Durch eine glückliche Fügung erwischt ich die Abfahrt die mich beinahe direkt vor der Haustür von der Autobahn ausspuckte. Ich hatte Bonn in 4,5 Stunden erreicht, eine halbe Stunde vor meinem Zeitplan, das war dann auch schon der Höhepunkt des Wochenendes denn von hier an ging es konsequent bergab. So richtige Freude schien bei meinem Erscheinen nicht aufzukommen, was aber auch der aktuellen Gesamtlage geschuldet war. Der Plan war Essen organisieren und Freunde besuchen. Diesen Plan nahmen wir auch in Angriff. Mit der Zeit stellte sich aber heraus das meine Gastgeberin nicht den Elan hatte so viele Leute aufzusuchen so das wir und zu einem für alle Seiten unbefriedigenden faulen Kompromiss einigten das wir zu erst die einen und dann die anderen heimsuchen würden. So richtig begeistert war niemand von der Art und Weise wie das ablief. Im Laufe des Abends kamen noch ungeladene Gäste zu unserer Runde dazu und irgendwann wollte meine Gastgeberin mit mir gehen konnte mir das nicht richtig kommunizieren und irgendwann wollte ich gehen, sie noch bleiben und auch hier funktionierte die Kommunikation nicht. Am nächsten Morgen wachte ich mit einem mörderischen Kater auf, ich sollte die Finger vom Starkbier lassen. Meine Gastgeberin war immer noch wach. Als ich wieder auf den Beinen war rief sie eine Freundin an zu der wir zum Frühstücken verabredet waren. Als wir bei ihr in der Küche saßen stellte ich fest das mein Unwohlsein sich dahingehend entwickelt hatte das ich überhaupt keinen Bissen runter bekommen würde. Nachdem auch von außen zu sehen war ich nicht zu mehr als Dekorationszwecken zu gebrauchen war wurde ich wieder in die horizontale verfrachtet. Zwischendurch war mein Mageninhalt zu dem Entschluss gekommen das er beim Verlassen meines Körper nicht vor hatte den Weg durch meinen Verdauungstrakt zu nehmen. Als ich wieder erwachte merkte ich das eine vorsichtige Nahrungsaufnahme wieder zur Diskussion stand. Der Plan für den restlichen Tag bestand im Heimweg und einem gemütlichen Filmabend. Das klang realistisch.
Bei meiner Gastgeberin angekommen kam noch ein Freund vorbei weil sie etwas bei ihm vergessen hatte. Während wir also da saßen und über Politik diskutierten fragte meine Gastgeberin ob sich ihre Ratte Karl noch bewegen würde. Karl lag tiefen-entspannt auf dem Rücken und bewegte sich nicht. Karl war tot, der Abend war gelaufen. Karl musste anscheinend schon etwas länger so dagelegen haben denn er war von seinen Mitratten schon angeknabbert worden. Also holten wir ihn schleunigst heraus eh noch weiter an ihm rumgesnackt wurde. Nachdem wir Kalt beigesetzt hatten setzte mich mein Begleiter noch in den Nachtbus für den Rückweg und erklärt mir an welcher Haltestelle ich aussteigen müsste. Geistig noch nicht ganz auf der Höhe steig ich an irgendeiner Haltestelle aus. Nach der Sondierung meiner Lage spazierte ich den restlichen halben Kilometer durchs nächtliche Bonn zu meiner Gastgeberin. Dort war der Rattenkäfig mittlerweile gesäubert. Außer an Nachtruhe war heute nicht mehr zu denken. Also noch zwei Knoppers Riegel in die Figur geschoben und dann ab ins Bett, der folgende Tag würde hart werden, davon wie hart er wirklich werden würde davon hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung.
Mein Plan für die Rückreise sah folgender Maßen aus:

Abfahrt um 10:00, da ist es nicht mehr so kalt und ich komme auch nicht so spät in Berlin an.

Der Wetterbericht kündigte für den Kölner Raum regen an, ich hoffte das ich dem Regen einfach davon fahren könnte. Ich startete mit leichter Verspätung in Bonn. Kurz vor Köln verpasste ich meine Abfahrt auf die andere Autobahn und musste so einmal durch Köln durch. Währenddessen fing es an zu regnen. Zu meinem Glück hatte ich meine Regenjacke eingepackt. Zu meinem Unglück hatte ich meine Regenhose nicht eingepackt so dass nach ein paar Kilometern meine Beine und Füße arschkalt waren. Das waren großartige Aussichten, 600km in nassen Hosen und Schuhen nach Berlin Reisen. Durch den starken Regen waren auch höhere Geschwindigkeiten nicht sonderlich ratsam, in Kombination mit den Spritpreisen an Ostern war Rasen beim besten Willen nicht angesagt. Also ab auf die rechte Spur und zusammen mit den LKWs immer schön mit 80km/h Richtung Berlin. Als ob die niedrigen Temperaturen und die nassen Klamotten nicht gereicht hätten mir jegliche Freude an der fahrt zu nehmen fing es auf der A1 kurz vor Remscheid West an zu schneien.

An der Raststätte Remscheid West an welcher ich zum rasten und Tanken hielt entspannt sich mit einem anderen Reisenden folgendes Gespräch:

Reisender: Du kommst aus Berlin wie ich sehe.

Ich: Ja, da muss ich heute noch hin.

Reisender: Ich hab dich vorhin überholt, mir ist schon vom Zugucken kalt geworden.

Nachdem ich feststellte das ich mich auch mit Leibesübungen nicht so richtig aufwärmen würde und es nur verschwendete Zeit sei schwang ich mich wieder auf meine Maschine und fuhr weiter durch Regen und Schnee Richtung Osten. Als ich am Kamener Kreuz wieder auf die A2 wechselte hatte es zum Glück aufgehört zu Schneien. Aber der April dachte sich: „Guck mal, damit es dir nicht zu langweilig wird, hier, ich hab ach noch Hagel im Angebot. Als ich an der Tankstelle Lippertal Süd zum Tanken vom Motorrad stieg fielen noch eine halbe Handvoll Hagelkörner auf den Boden die sich zwischen meinen Oberschenkeln und dem Tank gesammelt hatten, Spitzenwetter, da will man doch gerne mal 600 Km abreißen. An der Grenze zu Niedersachsen schien zu Abwechselung mal die Sonne und es gab keine Niederschläge. Kurz hinter der Grenze zu Sachsen-Anhalt fing es noch einmal an zu schneien. Als ich in Buckautal an der Tankstelle den Helm absetzte fiel davon erst mal eine Schneeschicht ab.
Ab der Grenze zu Brandenburg klarte der Himmel auf und den Rest der Strecke konnte ich mit weiterhin 90 Km/h aber niederschlagsfrei hinter mich bringen. Aufgeweicht, durchgefroren und mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages erreichte ich mein zu Hause und stellte mich erst mal unter die heiße Dusche.

Am nächsten Tag hatte ich auch in allen zehn Fingern wieder Gefühl.

Alles in allem war das Ganze aus verschiedenen Gründen nicht so wirklich der Bringer. Aber es war auch eine lehrreiche Tour. Die nächste Fahrt werde ich auf jeden Fall besser ausgerüstet starten. Was sie Bedingungen vor Ort angeht das steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert